4 Freunde im Boulderhimmel

19. Mai 2015 at 16:34

… jetzt noch den miesen seitlichen Sloper halten, den Fuß zur linken Hand stellen, durchdrücken und an den etwas größeren Rettungsgriff schnappen – geschafft. Nach einigen Versuchen stehe ich auf dem warmen Sandsteinblock. Geiles Ding! Es fühlt sich fantastisch an wieder in Fontainebleau zu sein, dabei hatte alles nicht besonders gut begonnen.


Der Wetterbericht für die kommenden Tage sagt Regen voraus. Ausgerechnet in dem Zeitraum den wir uns für die Reise nach Bleau ausgesucht hatten… aber wir haben keine Wahl. Unsere Unterkunft, ein Haus nahe von Milly-la-Forêt, ist schon gebucht. Wir werden wohl trotzdem hinfahren. Die Stimmung in unserer sechsköpfigen Gruppe (von der ich bisher nur Markus wirklich kenne) lässt zu wünschen übrig, obwohl natürlich alle gerne bouldern wollen. Es wird schon an Alternativprogrammen gearbeitet und sogar die Boulderhalle wird zunehmend attraktiver. Och nee… eigentlich will ich doch aber kein Plastik klettern. Ich sträube mich noch gegen den Gedanken, weiß aber dass ich vermutlich doch mitgehen würde wenns nicht anders geht. Zu groß ist der Drang zum Bouldern. Dann kommt die Nachricht, dass zwei Leute abspringen – das Wetter ist zu unsicher. Zu viert klammern wir uns noch an die Hoffnung, dass alles gut wird.

Samstagmorgen, es geht los. Markus holt mich ab. Bei uns ist das Wetter ganz nett, aber je weiter wir nach Westen fahren, desto trüber wird es. Nach ewiger Fahrt, mit kurzem Stopp zum Longboarden an einer Raststätte, kommen wir im Regen an unserem Haus an. Die Vermieterin ist eine etwas verpeilte Frau aus Paris. Sie zeigt uns alles und erwähnt noch, dass die Heizung schon abgestellt ist und wir nur mit dem Kamin und einem mini Heizlüfter heizen können. Hmm, na gut… warum nicht. Holz ist vorhanden und eigentlich ist es ja auch viel gemütlicher. Da Madeleine (Matz) und Stefan (Sole) noch eine Weile unterwegs sein werden, machen Markus und ich trotz schlechtem Wetter schon mal einen Erkundungsausflug zum nächsten Sektor. Zuerst erwischen wir den Falschen Parkplatz, was uns aber erst zu spät auffällt. Wir suchen also vergeblich nach Problemen. Trotzdem war es ein netter kleiner Spaziergang zwischen den Blöcken und machte Lust auf mehr. So, wo war jetzt der Parkplatz noch gleich? Der müsste doch eigentlich hier irgendwo sein… Verdammt und ich dachte ich hätte eine ganz passable Orientierung :/. Nach etwas Sucherei kamen wir dann doch wieder am Auto an und konnten zum nächsten Parkplatz weiterfahren. Dieses Mal waren wir Richtig. Obwohl wir auch hier erst einmal suchen mussten standen wir nach einer Weile unter einem großen Überhang und grinsten uns an – Sie haben Ihr Ziel erreicht! Natürlich sind alle Felsen nass und glitschig und es regnet immer wieder, aber wir konnten es uns trotzdem nicht verkneifen ein paar Sachen auszuprobieren.


Unter dem Dach war es trocken und so definierten wir uns hier einen kleinen Boulder um unsere Gemüter zu beruhigen. Davon angefixt erkundeten wir das restliche Gebiet und probierten weitere Probleme aus, bis wir ziemlich durchnässt waren. Glücklich und irgendwie doch erfolgreich ging es erst einmal zurück zu unserem vorübergehenden Zuhause. Wir machten das Feuer an um unsere Klamotten zu trocknen und versuchten Matz und Sole per Telefon den Weg zu beschreiben, mit geringem Erfolg. Schlussendlich saßen wir aber doch alle zusammen am Esstisch und aßen Spagetti. Dass die Beiden schon 5 Mal am Haus vorbei gefahren waren, sorgte auch später noch oft für ein Schmunzeln.

Die erste Nacht war nicht besonders erholsam. Mir war heiß und das Bett knarrte und wackelte als ob es jeden Moment zusammenbrechen müsste. Ich war froh aufzustehen. Die Sonne brach durch und es sah ziemlich gut aus. Also schnell ins Bad, Frühstücken und los! …So war der Plan, bis alle fertig waren regnete es aber schon wieder. Vermutlich war es gut, dass wir noch nicht aufgebrochen waren. Es wäre hässlich geworden. Wir machten also erstmal gemütlich. Doch obwohl wir versuchte es locker zu sehen machte sich langsam die Ungeduld breit. Das ging sogar so weit, dass ich mir von Madeleine verschiedene Bauchmuskelübungen zeigen ließ und wir eine Weile trainierten… Später beschlossen wir nach Milly zu fahren und einzukaufen. Da der Regen nicht aufhören wollte, setzten wir uns in ein Kaffee und schlürften Heißgetränke. Sole suchte wie schon am Morgen nach Lösungsworten für ein Spiel und wir halfen dabei – Der Grundstein für das allabendliche  Familienduell war gelegt 😀

Nachdem wir einen kurzen Zwischenstopp zuhause eingelegt hatten, entschlossen wir uns dazu wenigstens einen Ausflug in den Wald zu machen und uns ein paar Boulder anzuschauen. Wieder einmal wurden wir nicht gleich fündig und irrten durch den Wald. Bei einer Lichtung dann die ersten Markierungen auf dem Fels – Juhu richtige Boulderprobleme! Auch der Regen hatte gerade ausgesetzt und so konnte Sole problemlos seine erste Route an nassem Fels flashen. Unter teils widrigen Bedingungen und Schnecken an jedem Griff versuchten wir das Beste aus dem Tag zu machen und wurden gegen später auch mit besserem Wetter belohnt. So konnten wir uns dann doch noch etwas auspowern. Mein persönliches Highlight des Tages sollte gleichzeitig die letzte Route werden. Ein diagonal verlaufender Riss der super mit Handklemmern zu klettern war. Das Absprunggelände war nicht besonders, aber daran dachte ich gar nicht. Eigentlich konnte ich eh nicht fallen, denn die Arme waren ja verklemmt 😉 Geile Route! BÄMM Font 4b – Bleau ist einfach erbarmungslos… Was solls, das Gefühl war super!

Zurück zuhause gings ans Grillen. Zum Glück hatten wir mit Sole den weltbesten Grillmeister an Bord. Wir konnten sogar im Garten essen und uns die Sonne auf den Pelz scheinen lassen. Fantastisch! Ebenfalls fantastisch war, wie viel ich in mich rein bekomme… So viel gefressen wie hier hab ich glaube ich noch nie 😀 Egal, ich habs im Vorfeld nicht geschafft abzunehmen, dann ist es jetzt auch egal! Als es kälter wurde wechselten wir nach drinnen vor den Kamin. Musik, Quiz, Bier und andere Leckereien verkürzten uns den Abend und wir fielen total geplättet ins Bett.

Der Morgen beginnt mit kollektivem jammern. Alle haben Muskelkater! Nach einem gescheiten Frühstück (das natürlich schon wieder reinpasst) und ein bisschen Bewegung geht es dann aber schon wieder. Draußen ist alles Trocken!!! Nix wie ran an den Fels. Wir fahren in den nächstgelegenen Sektor und beschließen einen Circuit durch zu bouldern. Eine sehr spaßige Angelegenheit bei der jeder auf seine Kosten kommt. Hin und wieder versuche ich noch ein paar Boulder in den „höheren“ Schwierigkeitsgraden …den miesen seitlichen Sloper halten, den Fuß zur linken Hand stellen, durchdrücken und an den etwas größeren Rettungsgriff schnappen. Das Teil war eine ziemliche Zitterpartie. Umso schöner ist es, dann doch oben zu stehen. Ich bin total geflashed… hier noch ein Boulder, dort nochmal probieren … kann mich mal jemand spotten oder ein Foto machen? … Und hier noch mal rüber… Ahh, das sieht auch geil aus! … 😀 Bis ich irgendwann eingestehen muss, dass ich durch bin. Das letzte Problem geht einfach nicht mehr. Dabei ist es eins der coolsten im Sektor… Mist! Zuhause sehe ich dann auf dem Foto was der Fehler war. Ich hätte doch gleich drauf kommen können, das Bein weiter rüber zu stellen… Depp! Naja, das nächste Mal halt :,( Die anderen Drei kämpfen mit Ihren eigenen Problemen. Draußen ist eben doch etwas anders als in der Halle und gerade Bleau wirft nicht gerade mit guten Griffen und Tritten um sich. Auch die Höhe der Blöcke sorgt für Anspannung. Den Zahlen nach zu urteilen haben wir jedenfalls alle noch unendlich viel Luft nach Oben.

Einen kleinen Wehrmutstropfen gab es aber leider auch: Ich habe mein Skateboard beim Einpacken der Crashpads an einen Baum gelehnt und dort vergessen, wie ich auf der Rückfahrt nach Hause feststellen musste. Sehr ärgerlich! Hoffentlich findet es jemand, der was damit anfangen kann, bevor es vergammelt.

Für den nächsten Tag beschließen wir in den Sektor Éléphant zu fahren. Wäre ja auch schade, wenn man sich nur in einem Gebiet aufhält. Die Sonne ist auf unserer Seite und so starten wir mit guter Laune und neuer Energie in den Tag. Obwohl ich schon einmal hier war, empfinde ich die Größe und die Form der unzähligen Klötze im feinen Sand noch immer als sehr beeindruckend. Nach einem kurzen Aufwärmen kämpfen wir uns auf der Suche nach den Bouldern des orangenen Parcours durch das Felsenlabyrinth. Wir nehmen hier und da ein Problem mit, hüpfen hier rauf schauen dort rüber – wie kleine Kinder. Es gibt auch einfach so viel zu entdecken… voll geil! :) Am Rand des Plateaus lacht mich ein schickes Dach an. Man sieht am Magnesia, dass hier schon viele Ihr Glück versucht haben. Da will ich dazu gehören – und scheiße ich will es auch schaffen! Die Griffe sind groß und gut zu halten, sollte also ok sein. Der erste Versuch zeigt jedoch, dass der Mantle am Ende doch nicht ganz ohne ist. Nochmal… und nochmal… und nochmal… dann endlich, kurz bevor mir die Kraft ausgeht schaffe ich es denn Sloper oben zu halten und mich zu stabilisieren. Yes! Gepackt. Ich vermute die anfeuernden Rufe von Matz, Sole und Markus waren das Zünglein an der Waage. 😀 Danke Leute!

In der Zwischenzeit machten sich die ersten Ermüdungserscheinungen bemerkbar. Der erste der keinen Saft mehr hatte, war der Fotoapparat… sehr schade. Zum Glück sind heute alle mit Handys ausgestattet. Wir konnten also weiter fotografieren. Sole hatte es am schlimmsten erwischt. Sein Ellenbogen machte ihm zu schaffen und so suchten wir gegen später eher nach plattigen Problemen. Das sorgte für allgemeine Heiterkeit, denn auch die gibt es in der Halle nicht so oft oder so cool wie hier. Trotzdem blieben die Erfolgserlebnisse nicht aus und alle blühten noch einmal richtig auf. Zum Schluss kämpfte Madeleine sich noch ein schickes, leicht überhängendes Problem mit Mantle am Ende hoch und auch Markus ließ sich nicht lumpen. Der letzte Tag war ein absoluter Erfolg, konnte ich doch auch noch den Riss, den Michi und Ich beim letzten Mal nicht mehr gepackt hatten, bezwingen. Dieses Mal war es ganz leicht und ich konnte mich auch an die Grifffolge erinnern… so hatte ich es mir vorgestellt. Ich verbessere mich also doch noch und trete nicht auf der Stelle, ein gutes Gefühl. Übrigens hatte ich auch ein kleines Déjà-vu, als ich so unter dem Elefanten stand und mich mit ein paar Briten über ein Problem unterhielt. Wirklich witzig.

Nach einem letzten Abend mit Grillen, Quiz, französischen Leckereien und Bier vor dem Kamin mit netten Leuten geht es dann leider schon wieder nach Hause. Schade, aber ich habe mich gefreut ein Teil dieser lustigen Runde zu sein… danke fürs Mitnehmen :)

Übrigens gut zu wissen, dass wir das Häuschen für nur 205.000€ auch kaufen könnten 😉 Fontastisch!